Mittwoch, 11. April 2012

Wieviel muss ein Hund aushalten können?

Ich sage ja wir haben die allerbeste Trainerin der Welt und das sie uns sehr viel beigebracht hat im Zusammenleben Thai-Mensch! Heute habe ich eine Mail von Katrin bekommen, da ich die Frage gestellt habe wie kann ich meinem Hund beibringen etwas auszuhalten, ein Situation, zB ein aufdringlicher Labi kommt und will zu Siifaa und Siifaa will das nicht. Was darf mein Hund, wo muss ich eingreifen? Die Antwort hat mich zum lachen gebracht und ich möchte es mit euch teilen! An dieser Stelle "Vielen Dank liebe Katrin"


Es stellt sich die Frage, wieviel muss mein Hund aushalten können, ohne dass er aggressiv kommuniziert und anders rum, darf er überhaupt aggressiv kommunizieren und wie stark?
Eigentlich wäre hierfür ein umfangreiches Wissen über die Entwicklung der hündischen Kommunikation und der heute vorzufindenden Körpersignale notwendig, das würde aber den Rahmen sprengen. Ich versuche daher einmal, Euch eine Idee von dem Ganzen zu geben, in dem Ihr Euch in die Lage Eurer Hunde versetzt:
Ihr alle seid ja mehr oder weniger erwachsenzwinkernd. Nun stellt Euch vor, Ihr sitzt in der Badewanne. Auf einmal steht eine fremde Person vor Euch und hüpft in Euer Badewasser, grinst Euch an und will jetzt spielen…
Je nach dem, was Ihr für einen Charakter habt reicht die Reaktion von „Hey, was machst denn Du hier? Biste noch ganz sauber?“ bis zu „Ahrgggg, hau ab!!!!“ mit mehr oder weniger handgreiflich werdenden Körpersignalen und ggf. Flucht.
Der Mensch, der da zu Euch in die Wanne gestiegen ist, ist geistig allerdings einfach ein wenig zurückgeblieben, er glaubt er sei immer noch ein Kind und als Kind kann er sich solche Sachen doch auch erlauben. Zumindest war das bisher bei den Bekannten so, die ihn ja kennen und wissen wie er drauf ist. Er ist aber kein Kind mehr und so wird er von anderen auch nicht als ein solches akzeptiert. Er wird als Erwachsener behandelt.
Nun ok. Dem zurückgebliebenen Menschen geht es einige Male so, dass er von einigen Personen heftigst aus der Wanne geschmissen wurde. Jedesmal versucht er sich zu entschuldigen, und bei seiner Mama hatte er gelernt Konflikte mit Küsschen begleichen zu können.lächelnd Wieder bekommt er sehr unsanft eins auf den Deckel und so langsam versteht er die Welt nicht mehr… Er will doch nur lieb sein! Versucht die Person zu flüchten, versteht er das als Einladung zum Fangus und rennt hinterher. „Gefangen!“, die flüchtende Person wird festgehalten und der zurückgebliebene freut sich, erhält aber ganz anders als erwartet eine heftige Ohrfeige und ein paar Prügel von der inzwischen panisch werdenden Person.
In der Überforderung und mangels alternativer Strategien mit solch hysterischem Verhalten umzugehen, wird der Zurückgebliebene irgendwann auch aggressiv, haut um sich und schreit zurück. Die Situation eskaliert.
Andersherum erlebt Ihr in der Wanne diese Situation nun nicht nur ein einziges Mal, sondern immer wieder.
Bis vor kurzem konntet Ihr noch ganz easy baden gehen und auf einmal wimmelt es da von Erwachsenen die im Geiste noch Kinder sind und die mit Euch in der Wanne spielen wollen. Vielleicht habt Ihr es noch eine Weile gutmütig akzeptiert oder ihr hattet Bedenken da was zu sagen, weil das Gegenüber doch nicht ungefährlich aussieht. Ihr versuchtet Euch zu entziehen, aber der Mensch wollte jetzt unbedingt mit Euch spielen und Euch nicht gehen lassen!
Ihr reagiert hysterisch, schreit ihn an und versucht zu flüchten.
Einige Male hintereinander erlebt, wartet Ihr schon gar nicht mehr, bis der Mensch zu Euch in die Wanne steigt sondern flüchtet schon beim Anblick eines „Artgenossen“ um solchen Situationen zu entgehen. Baden ist dann halt nicht mehr drin…
Evt. wählt ihr auch eine andere Strategie und schreit den Menschen, der zu Euch kommt schon im Vorhinein so sehr an, das der sich fast in die Hose pieselt, kurz drauf macht ihr das aber auch mit solchen, die Euch eigentlich nur gerade ein Handtuch bringen wollten. Der Stress ist zu gross geworden als dass Ihr noch unterscheiden könntet.
So in etwa läuft es bei den Hunden.
Alle Hunderassen sind in sehr unterschiedlichen Teilen der Verhaltensentwicklung mehr oder weniger stark zurückgeblieben. Das ist nicht grundlegend schlecht, aber es bewirkt, dass die Kommunikation unter den Rassen nicht mehr so optimal funktioniert. Ursprüngliche Hunderassen entwickeln sich grösstenteils weiter als viele Arbeitsrassen, sie sind erwachsener. Arbeitsrassen dagegen haben ganz spezielle Bereiche, in denen die verjugendlichte Form des Verhaltens bevorzugt wird, weil sie damit einfacher in den Arbeitsgebieten ausgebildet werden können. Nur haben diese verjugendlichten Formen eben auch einen wichtigen Einfluss auf das Sozialverhalten.
Retriver sind typische „ich steige zu Dir in die Wanne“-Hunde, Schäferhunde sind diejenigen, die weglaufende Artgenossen gerne festhalten wollen um beim Fangus zu gewinnen, Borders und Aussis sind teilweise mit ADHS-Kindern vergleichbar, sie haben Mühe die vielen wuseligen Artgenossen im Blick zu halten und versuchen daher gerne alles zu kontrollieren und zu strukturieren. Dabei sind sie in der Regel sehr schnell überfordert und reagieren über.
Mein Malamut ist eher ein „ich steige zu Dir in die Wanne“-Hund, nur dass er dann dem, der in der Wanne liegt gleich noch das ganze Badewasser streitig macht und es für sich beansprucht. Ob das Rassetypisch ist kann ich nicht so genau sagen, dazu kenne ich zu wenige Malamuten.
Was ich aber sagen will ist klar, oder? Einzelne Rassen und dann noch deren Individuen haben ganz eigene Vorlieben und hündische „Etiketten“. Diese können teils mit denen anderer Rassen super kompatibel sein, teils geht es aber auch voll in die Hose.
Daher ist unsere Aufgabe, unsere Hunde zu unterstützen, wenn sie in eine Konfliktsituation geraten, die sie selber nicht auflösen können.
Nun zu meiner Vorgehensweise, die ich das letzte Mal aufgezeigt habe:
Der Mensch in der Wanne heisst jetzt Kim, der kindlich gebliebene Erwachsene heisst Nijla.
Ich bin der gute Freund vom Mensch in der Wanne.
Kim in der Wanne erhält von mir nun jedes Mal einen Eisbecher, wenn sie von Nijlas bedrängt wird. So kann ich die Grundemotion erst mal verändern, denn mit einem Eisbecher lässt sich das vielleicht eher aushalten, ausserdem ist man ja dann nicht mehr allein! Ich erkläre Nijlah, dass sie sich bitte aus der Wanne rausbegeben soll, versteht sie das nicht, wird sie von mir etwas deutlicher herausgedrängt. Eventuell biete ich ihr auch eine Eiswaffel an, damit sie sich verzupft. Ich selber kann dabei aber ja sehr souverän vorgehen, da ich ja nicht bedrängt werde.
Kim in der Wanne erfährt also, dass sie sich gar nicht mehr weiter drum kümmern braucht, weil ich das schon mache.
Nach einer gewissen Zeit wird Kim schon auf den Eisbecher warten, wenn da wieder so ein Hund wie Nijla daherkommt und sich darauf freuen. Die Emotion ist also schon mal eine andere als zuvor.
Als nächstes halte ich den Eisbecher zwar griffbereit, gebe ihn aber noch nicht raus! Erst kümmere ich mich darum, dass Nijla aus der Wanne verschwindet und lasse meinen Freund dabei zusehen. Danach gibt es dann den Eisbecher und er kann getrost weiter baden.
Später, wenn er fertig gebadet hat, kommt vielleicht ein anderer Mensch, der Kim nur ein Handtuch reichen will. Das wäre zum Beispiel Shadow. Ich bleibe da, biete Schutz und so kann sich Kim evt. auf das Angebot einlassen. Sie kann erkennen, dass der jetzt nichts Blödes will, sondern nur nett ist! Zuvor hätte Kim die Ruhe nicht gehabt, sich den Fremden so genau anzusehen.
Wird noch ein wenig weiter gestrickt wird Kim nach und nach in der Lage sein den ankommenden Nijlahs schon von weitem zu signalisieren, dass sie es nicht wünscht gestört zu werden. Ich als ihr Freund kann dann also auch mal anders tun als ständig bei meinem Freund zu stehen, eile dann nur noch zur Hilfe, wenn ich sehe dass Nijlah die Signale nicht versteht und in ein Verhalten fällt, das Kim nicht tolerieren kann. Es kann aber ja sein, dass sich eine Nijlah dann als Dita entpuppt, die sich sofort zurücknimmt und Kim ihrerseits in Ruhe lässt! Kim könnte so langsam lernen, dass es doch möglich ist von weitem zu signalisieren, wenn sie keinen Kontakt wünscht. Sie wird selbstsicherer und zeigt dann wieder ein Aggressionsverhalten, das absolut wünschenswert ist, weil die meisten Hunde diese deutlichen Signalelemente verstehen und akzeptieren können.
Nijla aber versteht immer noch nicht, dass sie nicht mit den anderen Baden darf und da so blöd angemacht wird. Sie läuft Gefahr, dass sie mit ihrem Verhalten auf hysterische Leute trifft, die sich mit ihrer Art nicht anfreunden können. Wir wollen aber ja auch nicht, dass Nijla dann irgendwann aus der Überforderung heraus aggressiv reagiert und dann ihrerseits irgendwann hysterisch wird! Um Nijla zu helfen solche Signale zu akzeptieren und um ihr PASSENDE Strategien aufzuzeigen, hat auch Nijla einen Freund. Nijla erfährt, dass sie nicht bei jedem Menschen in die Wanne steigen kann, aber wenn das mal nicht geht kann sie sich bei ihrem Freund eine Eiskugel holen und sich somit besser damit abfinden. Es wird halt wo anders gespielt und Entschuldigungsthearaden sind nicht nötig! 
Später gibt es dann nicht mehr jedes Mal eine Eiskugel und vielleicht erhält Nijla auch mal von einem Badewannenbesitzer eins auf den Deckel, sie hat aber dann schon gelernt, dass es sich lohnen könnte bei ihrem Freund vorbei zu sehen. So geht sie einer weiteren Konfliktsituation aus dem Weg, ohne zu versuchen dem Badewannenbesitzer auch noch freundlich mit vielen Bussis eine Entschuldigung abzugewinnen.
Menschen, die gerne alleine baden gehen, müssen NICHT lernen zu akzeptieren, dass nun ständig andere Leute in ihr Badewasser steigen! Genauso wenig müssen Menschen wie Nijlah lernen JEDEN badenden Menschen in Ruhe zu lassen, denn es gibt ja auch einige, die das voll cool finden wenn eine Nijla in ihr Badewasser steigt!
Aber beide Parteien können lernen, sich auf ihren Freund zu verlassen, der ein grösseres Wissen mitbringt und die bessere Diplomatie, um solche Situationen ohne hysterische Ausbrüche doch für sich zu entscheiden.
Liebe Grüsse,



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen